Multilinguismus

Forschungsprojekt

Frühkindliche Zweisprachigkeit

(Projektnummer: 5452914)

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Im doppelten Erstspracherwerb schließen sich Sprachentrennung und -einfluss in demselben Individuum nicht aus. Ziel ist die Erarbeitung von notwendigen und hinreichenden Bedingungen für das Auftreten des Einflusses unter Berücksichtigung von sprachinternen, sprachexternen und lernerspezifischen Faktoren. Das Forschungsprojekt dazu lieferte interessante Ergebnisse:

1. Phase:

Beim simultanen Erwerb zweier Erstsprachen zeigen Forschungsarbeiten, dass die frühe Trennung zweier Sprachsysteme zugrunde gelegt werden muss. Dies soll die erste Arbeitshypothese des Forschungsprojektes sein. Es stellt sich die Frage, inwieweit der frühe Aufbau zweier grammatischer Kompetenzen durch externe Faktoren beeinflusst wird. Im Rahmen des Forschungsprojektes sollen diese Faktoren ermittelt und bereits vermutete Einflussfaktoren, wie die starke Dominanz einer Sprache verifiziert werden.

Auch bei einer frühen Sprachentrennung kann es nichtsdestotrotz zum Einfluss zwischen beiden Sprachen kommen. Bisher hat das Konzept des Spracheneinflusses keinen prädiktiven Charakter. Die zweite Arbeitshypothese, welche im Projekt überprüft werden soll, ist das Vorkommen des Spracheneinflusses im bilingualen Erstspracherwerb auf grammatischer Ebene. Im Forschungsprojekt sollen Kriterien entwickelt werden, mit deren Hilfe die Domäne und die Art des Einflusses voraussagbar sind.

Das Forschungsvorhaben ist im Rahmen der universalgrammatisch ausgerichteten Chomskyschen Sprachtheorie angesiedelt. Zentraler zu bearbeitender Phänomenbereich ist das Pronominalsystem im Französischen, im Italienischen und im Deutschen, wobei sowohl Realisierungen als auch Auslassungen von Verbargumenten untersucht werden sollen. Dieser Phänomenbereich bietet sich an, weil die genannten Sprachen hier große Differenzen aufweisen und Schnittstellen zwischen Syntax und Morphologie einerseits und Syntax und Pragmatik andererseits betroffen sind. Die erste Hypothese mit Hinblick auf den Spracheneinfluss ist, dass insbesondere solche Sprachphänomene betroffen sind, deren Analyse durch mehr als eine linguistische Beschreibungsebene erfolgen muss und eine nicht-isomorphe Abbildung auf den einzelnen Ebenen erfordert. Die zweite Hypothese ist, dass Spracheneinfluss bei der Analyse von solchen Sprachphänomenen auftreten, welche mehr als eine mögliche linguistische Beschreibung zulassen.

Im Rahmen der Untersuchung wird es sich als notwendig erweisen, den Chomskyschen Parameterbegriff zu konkretisieren und zu modifizieren. Unter der Annahme, dass ein Parameter keinen Schalter sondern eine vom Lerner zu "programmierende" Subroutine darstellt, sollten sich größere Unterschiede im individuellen Erstellen von Parametern ergeben. Ein weiteres Ziel des Projektes ist die Charakterisierung derartiger Unterschiede und ggf. die Definition von unterschiedlichen Lernertypen.

 

2. Phase: 

In Forschungsarbeiten zum doppelten Erstspracherwerb wird oft vermutet, dass sich Sprachentrennung und Spracheneinfluss ausschließen. Wird der Spracheneinfluss bei gleich­zeitiger Trennung der Sprachsysteme eingeräumt, so werden sprachexterne Gründe für den Einfluss genannt, wie die zeitweise auftretende Sprach­dominanz.

Es konnten Belege dafür angeführt werden, dass sich die zwei voneinander getrennten Sprach­systeme im bilingualen Kind beeinflussen und dass sprachinterne Eigenschaften als Grund für den Einfluss in Frage kommen. Das Projekt aus Phase 1 konnte zwei not­wendi­ge Bedingungen für das Auftreten des Spracheneinflusses nachweisen. Im vorliegenden Projekt sollen weitere notwendige und hinreichende Bedingungen für den Einfluss formu­liert werden. Die Hypothese ist, dass es sich bei den hinreichenden Bedingungen um Komplexitätsfaktoren handelt, welche näher zu spezifizieren sind. Das gleich­zeitige Auftreten von Sprachentrennung und Spracheneinfluss deckt sowohl theore­tische Fragen über die Definition der Grammatik einer Einzelsprache und somit über den mono­lingualen Erstspracherwerb als auch über die bilinguale Kompetenz auf.

Diese theore­tischen Fragen sollen mit Hinblick auf die Projektergebnisse im Rahmen des Minima­listischen Programms beantwortet werden. Um diese Fragen beantworten zu können, wird es notwendig sein, die einzelnen Manifestationen des Spracheneinflusses im bilingu­alen Individuum (Beschleunigung, Verlangsamung, Transfer) voneinander abzu­grenzen, immer gemessen am monolingualen Erstspracherwerb.

Der Nachweis von Unterschieden mit Hinblick auf die bilin­guale Kompetenz macht einen Vergleich mit Ausprägungen der bilingualen Perfor­manz (code-switching) notwendig. Die Ent­wicklung von sprachinternen Einflussfaktoren und von Komplexitätsfaktoren beim bilingualen Erstspracherwerb, wie im Forschungs­vorhaben geplant, sowie die Erarbeitung von unterschiedlichen Ausprägungen der bilingualen Kompetenz stellt wissen­schaftliches Neuland dar. 

3. Phase: 

In der dritten Phase des Projektes sind die Ergebnisse aus den vorherigen Phasen zusammen mit den neuen Erkenntnissen in dem folgenden Werk publiziert worden: 

Hauser-Grüdl, Nicole, Lastenia Arencibia Guerra, Franziska Witzmann, Estelle Leray & Natascha Müller: Cross-linguistic influence in bilingual children: Can input frequency account for it?. 2010, Lingua 120 (11), 2638-2650. 

Hier finden Sie den Link dazu!

Auf dem Foto (rechts) sehen Sie alle unsere Projektbeteiligten.

Dieses Projekt wurde nach Beendigung erneut weiter gefördert, sodass im Zeitraum vom 01.10.2007 bis zum 30.09.2008 weitere Forschungen durchgeführt wurden!

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